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DEISLER --> KARRIEREENDE
München - Er hat jahrelang alles versucht - und nun den ständigen Kampf gegen Körper und Geist endgültig aufgegeben. Sebastian Deisler vom FC Bayern München erklärte am Dienstag nach vielen Verletzungen und Erkrankungen überraschend seinen sofortigen Rücktritt vom Profi-Fußball. Während der 27-Jährige nach eigener Aussage "glücklich mit dieser Entscheidung ist", hinterließ er bei seinem Abgang von der Säbener Straße kurz nach 12 Uhr einen "fassungslosen" Manager Uli Hoeneß und geschockte Mannschaftskollegen.
"Ich habe nicht mehr das richtige Vertrauen in mein Knie. Es war zuletzt für mich eine Qual. Ich konnte nicht mehr mit der richtigen Freude Fußball spielen, sondern fühlte mich stark behindert", erklärte Deisler im Beisein von Hoeneß.
Auch Depressionen Grund für den Rücktritt
"Dass es nicht nur an den Verletzungen, sondern auch an anderen Dingen lag, liegt doch auf der Hand", erklärte Deisler weiter. Wiederholt war der 36-malige Nationalspieler auch wegen der 2003 erstmals aufgetrenen Depressionen behandelt worden. Nach einer schweren Knieverletzung schien Deisler Ende des vergangenen Jahres auf einem guten Weg zu sein.
Hoeneß kämpfte vergebens
Doch schon im Trainingslager in Dubai in der vergangenen Woche hatte er Heoneß über seine Pläne, "die schon lange in mir gereift sind", unterrichtet. In stundenlangen Gesprächen hatte der Manager noch bis in den späten Montagabend hinein versucht, Deisler umzustimmen - vergebens. Am Dienstagvormittag um 10.30 Uhr erschien Deisler im Büro von Hoeneß und zog defintiv einen Schlussstrich unter eine Karriere, die eigentlich nie so richtig begonnen hatte.
Hoeneß: "Hatte gehofft, dass das ein Albtraum ist"
Hoeneß informierte daraufhin vor dem Training Trainer Felix Magath und die Mannschaft. "Ich bedauere seinen Entschluss unheimlich und bin fassungslos. Ich hatte immer gehofft, dass dies nur ein Albtraum ist. Auch die Mannschaft ist sehr geschockt", sagte Hoeneß, der nach eigenem Bekunden bis zum Schluss "alles versucht hat". Am Ende sind wir aber doch zur Erkenntnis gekommen, dass es keinen Sinn mehr macht, weiterzukämpfen. Wir haben den Kampf verloren", so Hoeneß.
Bayern lassen Vertrag ruhen
Ein kleines Hintertürchen wollten sich die Bayern aber dann doch offen lassen, sollte es sich Deisler irgendwann einmal anders überlegen. Der deutsche Rekordmeister hat den bis zum bis 30. Juni 2009 datierten Vertrag nur ruhen lassen. Dieser Passus solle, so Hoeneß, "ein Anker für ihn sein. Wir wollten ihm das Gefühl geben, dass er immer zurückkommen kann. Das ist aber ganz alleine seine Entscheidung".
"Halbe Sachen bringen nichts"
Doch nach einer Rückkehr auf den Fußballplatz sieht es bei Deisler nicht aus. Zu sehr haben ihm seine vielen Verletzungen zugesetzt. Es sei nicht einfach für ihn gewesen, aber "nur noch ein bisschen mitspielen" wollte er dann doch nicht: "Ich war nicht mehr völlig frei. Halbe Sachen bringen mir und der Mannschaft nichts."
Deisler will Abstand gewinnen
Während am 26. Januar für den FC Bayern die Rückrunde in der Bundesliga beginnt, will Deisler nun "in aller Ruhe erst einmal Abstand gewinnen. Ich werde vielleicht verreisen, mich um meine kleine Familie kümmern. Und dann gucken wir mal, wie es weitergeht."
Löw und Völler geschockt
Bundestrainer Joachim Löw wurde von Deislers Entscheidung auf jeden Fall "völlig überrascht". "Vor Weihnachten habe ich mit ihm noch telefoniert, da hat er einen optimistischen Eindruck hinterlassen. Man muss seine Entscheidung aber akzeptieren. Er muss auf seinen Körper hören. Er hat überragende fußballerische Fähigkeiten, aber in seiner Karriere natürlich mit Verletzungen und Krankheiten sehr, sehr viel zu tun gehabt", sagte Löw. Auch der ehemalige Teamchef Rudi Völler konnte es "kaum fassen" und fand es "furchtbar schade, dass seine Karriere so endet".
Keine WM-Teilnahme aufgrund von Verletzungen
Der gebürtige Lörracher galt einst als größtes deutsches Fußball-Talent. Deisler feierte 1998 bei Borussia Mönchengladbach sein Bundesliga-Debüt, es folgten die Stationen Hertha BSC Berlin und FC Bayern. Für 9,5 Millionen Euro war er 2002 von Berlin nach München gewechselt. Der 27-Jährige bestritt 36 Länderspiele und 135 Begegnung in der Bundesliga, 62 davon für die Bayern. Auf Grund von Verletzungen verpasste er die Teilnahmen an den Weltmeisterschaften 2002 in Südkorea und Japan sowie 2006 in Deutschland.
Hoeneß grübelt über Zukunft
In seiner Bundesliga-Karriere hat Deisler insgesamt etwa 20 Verletzungen verkraften müssen. Fünf Operationen im rechten Knie hatten eine Fortsetzung seiner Karriere schon früher in Frage gestellt. Wie es jetzt beim FC Bayern weitergeht, konnte und wollte Hoeneß am Dienstagmittag nicht sagen. "Ich muss jetzt erst einmal meine Gedanken frei kriegen, dann denke ich ab Nachmittag wieder über die Zukunft nach."
Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »lagohai« (16. Januar 2007, 17:41)