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SPIEGEL online vom 14.08.2014
Spielemesse Gamescom: Hardcore!
Von Markus Böhm und Christian Stöcker, Köln
Bei
der Kölner Gamescom erscheint er hunderttausendfach. Die Spielebranche
liebt und fürchtet ihn. Sie wird, manchmal widerwillig, von ihm
mitgeformt. Fünf Thesen über den Hardcore-Gamer.
Er ist das
Geschöpf, das von der Spielebranche gleichermaßen geliebt, umworben und
gefürchtet wird. Ab Donnerstag kann man ihn in Köln wieder aus der Nähe
sehen, hunderttausendfach. Er ist nicht wirklich an Äußerlichkeiten zu
erkennen - es sei denn, er gehört zu der kleinen Gruppe, die sich als
Spielfigur verkleidet. Gut, schwarze T-Shirts mit Aufdruck sind
vermutlich überrepräsentiert, aber das ist in Wacken auch nicht anders.
Mit dem Metal-Fan hat der Hardcore-Gamer auch sonst einiges gemeinsam.
Nun beweist er in Köln wieder, wie jedes Jahr, wie entschlossen und
leidensfähig er ist.
Er steht fröhlich in der Schlange, um seinen
Lieblings-Shooter anzuspielen, neben einem Schild mit der Aufschrift:
"Ab hier noch sechs Stunden Wartezeit." Er erträgt den apokalyptischen
Lärm und das Gedränge der ausverkauften Messehallen, er quetscht sich
durch überfüllte Gänge und kauft überteuerte Energydrinks.
Der
Hardcore-Gamer ist das Rückgrat der Gamesbranche, der knurrige Freund,
auf den noch Verlass ist, wenn sich alle anderen abwenden. Der
Fehltritte und - aus seiner Sicht - falsche Entscheidungen erträgt, wenn
auch keineswegs klaglos. Der sein Geld und einen großen Teil seiner
Freizeit in ein Hobby investiert, das ihn in den Augen vieler bis heute
zum Sonderling oder zu Schlimmerem stempelt. Die vielleicht einfachste
Definition des Hardcore-Gamers ist diese: Er hat das Spielen, sein
Spiel, seine Konsole, seinen PC in sein Selbstbild eingebaut, als Teil
seiner Identität. Spiele sind für ihn wie der erste FC Köln für dessen
Fans oder Justin Bieber für die "Belieber".
Der Hardcore-Gamer hat Macht
Deshalb
reagiert der Hardcore-Gamer zuweilen höchst emotional. Er verteilt in
Foren überbordendes Lob oder wütende Kritik, er fühlt sich persönlich
angegriffen, wenn mal wieder jemand Spiele mit realer Gewalt in
Verbindung bringt. Er ist bereit, die Gamesbranche gegen jeden Kritiker
zu verteidigen und sie gleichzeitig selbst mit ätzender Kritik zu
überziehen. Wenn Hardcore-Gamer als Gruppe in Wut geraten, erschrecken
Konzerne wie Microsoft, Sony oder Electronic Arts und korrigieren ihren
Kurs. "Wir haben auf unsere Community gehört", heißt es dann.
In
Köln sitzen im Business Center, jenseits der lauten Hallen, Menschen in
Anzügen, die sich täglich Gedanken darüber machen, wie sie ihn glücklich
machen können. "Unsere Kernzielgruppe ist nach wie vor der
Hardcore-Gamer", sagt Gregor Bieler, bei Microsoft Deutschland unter
anderem fürs Xbox-Geschäft verantwortlich. Yves Guillemot, Chef des
Spielekonzerns Ubisoft, formuliert es so: "Familienspiele sind nicht wie
Gaming im engeren Sinne. Das sind Modeerscheinungen, sie kommen und
gehen." Gerade zu Beginn eines neuen Konsolenzyklus ist der
Hardcore-Gamer unverzichtbar: Er kauft als erstes, er beeinflusst mit
seiner gerne lautstark geäußerten Meinung die Wahrnehmung eines
Produkts. Er kann die durchschnittliche Amazon-Bewertung eines
Spitzentitels auf einen Stern drücken, wenn der Kopierschutz herumzickt
oder die Spieleserver nicht richtig laufen.
Der Hardcore-Gamer liebt Herausforderungen
Familienspiele
interessieren den Hardcore-Gamer nicht. Er will herausgefordert werden.
Er liebt schwierige Aufgaben. "Unsere Erfahrung ist, dass keine Trophy
hart genug sein kann", sagt Sony-Sprecher Guido Alt. Den Hardcore-Gamer
treibt eine geradezu kantianische Begeisterung für das unfassbar
Schwierige. Und ja, auch für das Düstere, das Harte, für grässliche
Monster, furchteinflößende Waffen und spektakuläre Schlachten.
Der Hardcore-Gamer ist sozial
Gleichzeitig
ist der Hardcore-Gamer ein äußerst soziales Wesen, ganz gegen das
Klischee. Die Spielebranche selbst hat ziemlich lang gebraucht, um das
zu begreifen. Das wohl erste Spiel, in dem kooperatives Agieren zum
globalen Massenphänomen wurde, war eine Mod, eine Schöpfung von Fans,
aufgebaut auf dem Ego-Shooter "Half-Life": "Counter-Strike". Zwei Teams
spielen gegeneinander, wer nicht kooperiert, verliert. Auch das große
Spiele-Phänomen der Gegenwart, sogenannte Mobas (Multiplayer Online
Battle Arena), entstand zuerst als Mod: Aus dem Echtzeitstrategiespiel
"Warcraft 3" machte ein Fan eine Variante, in der sich zwei Mannschaften
aus je fünf Spielern im Kampf gegenüberstehen: "Defense of the
Ancients" ("Dota"). "Dota" entstand 2003, heute sind Mobas ein
Massenmarkt. Der wohl größte Stand der Gamescom ist eine Arena für das
Spiel "League of Legends", eine Free-to-Play-Umsetzung des
"Dota"-Spielprinzips. Sie nimmt eine halbe Halle ein, das Publikum kann
dort Profis beim Spielen zusehen. Viele Millionen Menschen spielen heute
"League of Legends", "Dota 2", "Heroes of Newerth" und andere
Moba-Titel, Live-Turniere ziehen Zehntausende an.
Mittlerweile
bauen auch die Großen der Branche kooperatives Spielen in ihre Titel
ein, ob in "Evolve" (vier Jäger gegen ein Monster), "Fable: Legends"
(vier Helden gegen einen Bösewicht mit gottähnlichen Fähigkeiten) oder
"Assassin's Creed: Unity" (vier Assassinen gegen die Templer). Der
Hardcore-Gamer formt die Branche.
Der Hardcore-Gamer ist ein Fashion Victim
Wenn
man durch die Messehallen der Gamescom streift, wird man einem Phänomen
begegnen, das wieder mit den Wünschen des Hardcore-Gamers zu tun hat:
Game-Mode. An vielen Ständen stehen lebensgroße Spielfiguren-Statuen,
die aufwendig gearbeitete Kostüme tragen: geprägtes Leder, raues Leinen,
polierte Nieten, raffinierte Schnallen, Riemen, Taschen. Die eigene
Spielfigur individuell auszustaffieren, gehört für den Hardcore-Gamer
dazu, schließlich drückt sie seine Individualität aus. In Spielen wie
"League of Legends" geben Spieler stattliche Summen für virtuelle
Kostüme aus, im neuen "Assassin's Creed" und zahllosen anderen Titeln
gibt es eine Vielzahl von Individualisierungsmöglichkeiten. Das wird
umso wichtiger, je mehr On- und Offline-Spiel verschmelzen - der Avatar
des Spielers wird zu seinem Markenbotschafter.
Der Hardcore-Gamer wandelt sich gerade
Tatsächlich
scheinen sich die Interessen des Hardcore-Gamers über die Jahre kaum
verändert zu haben, die Branche wird nur immer besser darin, ihnen zu
entsprechen. Derzeit aber wächst eine neue Generation heran, die
womöglich einiges anders machen wird. Mädchen im Teenageralter, die
"Let's Play"-Videomacher wie Gronkh und Sarazar anhimmeln wie Popstars.
Kinder, die jede Woche viele Stunden damit verbringen, in "Minecraft"
ihre Spielwelt aufzubauen, ganz ohne Kampf. In dieser Altersgruppe sind
fast alle irgendwie hardcore, aber anders als die älteren, die
sehnsüchtig auf den nächsten Teil einer Spieleserie warten, die sie
schon seit 10 oder 12 Jahren begleitet. Die neuen Hardcore-Gamer werden
etwas anders sein, im Schnitt weiblicher, womöglich noch sozialer,
vielleicht mit etwas weniger kriegerischen Interessen. Auch sie werden
die Branche wieder nach ihren Wünschen formen. Und auch sie wird die
Branche lieben, fürchten und umwerben.
Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Holmes90« (28. Januar 2016, 11:55)
Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »LeoM123« (24. August 2018, 15:08)
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