hab da mal in einem forum einen sehr netten text gelesen ( ist also nicht von mir, aber der text hat was ) :
Wie oft höre ich diesen Satz.... ich bin ihn so überdrüssig, daß ich es gar nicht mit Worten ausdrücken kann. Kommt er doch meist von Leuten, die ihren Tag so sinnlos verplempern, daß "keine Zeit" eigentlich heißen müßte "Keinen Plan habend".
Ich kenne Menschen, die morgens um vier Uhr ihren Tag beginnen. Und zwar jeden Tag, Zeit ihres Lebens, weil sie z. B. Bauern sind und täglich um diese Zeit anfangen, ihr Vieh zu füttern, den Stall auszumisten usw. Sie sind dann den ganzen Tag über beschäftigt mit Arbeit, und zwar richtig beschäftigt. Keine Sesselpupser wie ich hier, die in ihren Arbeitspausen mal 10 Min. auf einem Forum tippseln dürfen und im Trockenen sitzen, sondern diese Menschen arbeiten draußen auf dem Hof, und meist haben sie noch andere Jobs dazu, stundenweise oder halbtags. Diese Leute haben meistens noch eine Großfamilie, wo Eltern und Großeltern mitversorgt werden, und es gibt - zumindest hier in meiner Umgebung - pro Familie mind. 2 Kinder.
Diese Menschen sind also von frühmorgens bis abends am Arbeiten. Und trotzdem sind sie es, die es ohne Probleme schaffen, ihre Freunde und Nachbarn zu besuchen und mit ihnen etwas zu unternehmen. Und sind sie es, die es schaffen, mich z. B. mal eben schnell im Notfall ins Krankenhaus zu fahren (ich habe selbst keinen Führerschein) oder die sich eine Stunde am Abend die Zeit nehmen, Tierheim-mäßig oder für die Lebenshilfe etwas zu erledigen. Sie schaffen es zu diesen ganzen Arbeiten sogar, Brieffreundschaften konsequent und über Jahrzehnte zu pflegen, Hobbies wie Fremdsprachen erlernen wahrzunehmen, an den Wochenenden mit den Kindern ins Schwimmbad zu fahren oder in Katastrophensituationen den Nachbarn in anderen Landkreisen zu helfen.
Der Satz "Keine Zeit" existiert bei diesen Leuten nicht, fiel mir auf. Und auch bei mir nicht bzw. wirklich nur seltenst, wenn ich tatsächlich keine Zeit habe, da ich mit Tätigkeiten eingedeckt bin, die mir nicht erlauben, noch etwas dazwischenzuschieben. Aber selbst dann wandle ich den Satz allermeistens um in "ich habe momentan keine Zeit, aber heute abend oder morgen kann ich das erledigen". Und wenn ich keine Lust oder Kraft habe, sage ich einfach "Ich habe keine Lust" oder "ich habe momentan nicht die Kraft/die Nerven dazu".
Ich halte diesen "Keine Zeit"-Satz heutiger "Spass- und Freizeitgesellschafts-orientierter" Menschen, die zig Stunden am Tag mit Fernsehen, PC-Spielen und Internet-Chats etc. verbringen, von daher für eine armselige Lüge, für eine feige Ausflucht. Und ich gewinne mehr und mehr den Eindruck, daß diese Leute überwiegend nur eins sind: nicht gewohnt, sich ihren Tag, der für Jeden gleich viele Stunden zur Verfügung stellt, sinnvoll einzuteilen. Und nicht gewohnt, sich um andere Menschen als um die eigene heilige Person zu kümmern.
Ist es "nur" diese heutige egomanische Gesellschaft oder war es schon immer so, daß "Keine Zeit" als Ausrede dafür herhalten mußte, daß "Mensch" sich eigentlich schon immer nur um sich selbst dreht und nur FÜR sich selbst Zeit hat?
( eine der antworten auf den obigen text )
Ich seh zwar häufig große Augen, wenn ich zu irgendwelchen Freunden sage "tut mir leid, mir ist das Fitnessstudio heute abend wichtiger, als mit dir ein Bier zu trinken" - aber die damit verbundene Ehrlichkeit wird in aller Regel honoriert.
EDIT: also ich habe den text hier nicht gepostet um jemanden "anzugreiffen". ich sehe das allgemein.
Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Socom« (28. Mai 2006, 23:20)