Ich denke ja!
Das Problem ist doch eigentlich ein ganz anderes: Killerspiele allein sind wahrlich nicht der Grund, warum jemand Menschen ummetzelt. Da macht es sich die Politik zu einfach und sie kann mit solch einer Alibi-Aktion mit dem minimalsten Aufwand Schlagzeilen machen und "beweisen", dass sie was zur Lösung des Problems beiträgt. Falsch gedacht. Warum gibt es Leute, die Amok laufen? Gibt es sie, weil sie (zu viel) Computer- und Videospiele spielen? Gegebenenfalls die Antwort laute "Ja", wie kann das dann möglich sein? Warum regeln das z.B. nicht die Erziehungsberechtigten? Weil die keine Ahnung haben? Warum eigentlich? Haben sie nicht genug Zeit, ist es ihnen egal oder haben sie einfach keine Kontrolle mehr über ihr Kind? Sind das nicht eher die Probleme, die sich die Politik stellen sollte statt einen Verbot auszusprechen, über den sich die meisten Zocker sowieso problemlos hinwegsetzen können? Mal ein paar Gedanken zu dem Thema und den Auswirkungen:
Fall A: Man verbietet jeglichen Import von solchen Spielen und verschärft die Maßnahmen. Hat man dann schon mal an Tauschbörsen und Co. gedacht? An die Gesetzeslage in Österreicht, der Schweiz oder Frankreich bzw. England? Wie sieht die Situation in Skandinavien aus? Stößt das nicht im Endeffekt gegen geltendes EU-Recht?
Fall B: Man populisiert das Thema weiter in den Medien, um die Probleme weiter denjenigen in die Schuhe zu schieben, die sich am wenigsten wehren können, weil sie nicht organisiert sind. Warum nicht mal die Schulreform ins Auge nehmen, WENN es doch gerade ein schwerwiegendes Thema unter Jugendlichen zu sein scheint, nur Killerspiele zu spielen? Wie sieht es aus mit Ganztagsschulkonzepten, mit Aufklärungsinitiativen gegenüber Eltern, mit Lösungsvorschlägen, die zusammen mit der Industrie und die Medien ausgestaltet werden?
All das ist kein Thema. Es geht nicht darum, Aufklärung zu betreiben, es geht nicht darum die gesellschaftlichen Phänomene zu analysieren und die wahren Probleme zu erkennen (Verwahrlosung durch mangelnde Aufmerksamkeit, mangelnde Kenntnis in breiten Bevölkerungsschichten, einseitige Berichterstattung, die Ausblendung von psychosoziale Problematiken, eine tiefere inhaltliche Debatte um das Thema, etc.). Es geht nur darum, operativ und kurzzeitig "Lösungen" zu präsentieren, die nur dazu dienen, mit so wenig Aufwand wie möglich so viel Aufmerksamkeit in der Bevölkerung und den Medien zu erreichen, um damit auf Wählerfang zu gehen. Mir scheint keiner in der Lage, sich medienwirksam inhaltlich bewußt mit dem Thema befassen zu wollen und dies auch so rüberzubringen. Das Ziel lautet: "Wir sind uns sowieso alle einig, dass es nur an den Killerspielen liegt, also verbieten wird sie! Wer ist dafür?" Alle heben die Hand! "Wunderbar, dann haben wir das Problem ja gelöst!" Und das wird so lange weitergehen, bis endlich Einsicht gewonnen wird, dass das Thema komplexer ist, als es oberflächlich betrachtet wird. Der nächste Amok-Lauf wird komme, es werden wieder Menschen verletzt oder getötet werden und die Politik wird wieder versagen, indem sie die Schuld an solchen menschlichen Engleisungen einizg und allein den "Killerspielen" in die Schuhe schiebt - und damit wird das Problem nie gelöst werden.
Willkommen in Deutschland, wo ein Thema mit solch dilletantischer Perfektion ad absurdum geführt wird und Augenwischerei als Allheilmittel für komplexe soziologische Veränderungen innerhalb der Gesellschaft ausreichen soll. Nein, leibe Politiker, es reicht eben nicht einfach nur "das Böse" zu verbieten und auszublenden, es gilt konkret das Grundproblem anzupacken und Lösungen zu suchen, die weit über reinen Verboten liegen. Warum nicht Aufklärung betreiben, mehr Schulpsychologen aktivieren, die Gesellschaft auf das Thema aufmerksam machen und endlich aufhören, zig tausende Videospieler zu diffamieren? Muss man jetzt so lange warten, bis Videospieler Politik ausüben, im Management-Vorstand großer Unternehmen sitzen und selbst Lehrer sind? Muss man so lange tatenlos zuschauen, wie Amok-Läufer auch in den kommenden Jahren ihre Kranken Ideen ausüben und Menschenleben gefährden? Nein, man muss das nicht, wenn man sich endluich dazu aufrafft, den Dialog mit Videospielern zu fordern und gemeinsam ethische und soziale Lösungen zu finden, die verhindern können, dass Videospiele als reiner Selbstzweck der Gewalt benutzt werden. Aber da sich seit Erfurft nichts mehr inhaltlich getan hat, bin ich es mittlerweile Leid, mich weiter mit dem Thema auseinander zu setzen, weil die Politik ihre Aufgabe nicht wahrnehmen will und weiter auf Verbote setzt. Das erinnert an die Alkohol-Verbote in den USA aus den 20ern. Oder die deutsche Nachkriegspolitk der 20/30er und 50er Jahre mit dem Slogan "Schutz gegen Schund und Schmutz". Im Fokus: Comics und Musik. In den 70ern wurde das Thema nochmals aufgegriffen. Damals ging es gegen die bösen Videocassetten und Filme. Jetzt sind es Videospiele. Morgen wieder was anderes und die Grundproblematik, dass es Leute gibt, die sozial am Boden sind und sich keinen anderen Ausweg aus ihrem Leben verschaffen können, als andere Menschen zu verletzten und umzubringen, die wird bleiben...