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FelixFiasko

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Donnerstag, 2. April 2009, 23:00

The Last Remant

Heiß erwartet wurde das neue Xbox-360-Rollenspiel aus dem Hause Square Enix. Viele Vorschusslorbeeren wurden verteilt. Dementsprechend hohe Erwartungen wurden an das Spiel gestellt. Doch welche Möglichkeiten hat ein Spiel überhaupt, dass im Schatten einer so etablierten Spielreihe wie Final Fantasy emporkommt? Trifft man hier denn nur auf eine spartanische Version des Videospielepos? Ist es überhaupt möglich ein östliches Rollspiel mit westlichen Elementen anzureichern? Dieser Frage bin ich einmal auf den Grund gegangen.

Grafik
Wie viele andere neuzeitige Videospiele zeigt sich auch The Last Remnant im Glanze der Unreal 3 Engine. Diese realisiert eine liebevoll und detailliert gestaltete, riesige Spielwelt. Doch dieser Glanz hat einen faden Beigeschmack: so muss der Spieler frisch geladene Levelabschnitte mit fiesen Hängern im Aufbau der Texturen in Kauf nehmen. Deshalb kommt es nicht selten vor, dass Felswände für Sekunden matschige, klumpige Flächen ohne erkennbare Strukturen darstellen. Leider zieht sich diese Unannehmlichkeit von der ersten bis zur letzten Spielsekunde und trübt das Spielerlebnis erheblicher als man es zunächst für möglich hält. Man hat das Gefühl, dass das technische Potenzial des Spiels die Leistungsfähigkeit der Xbox 360 überschreitet. Gewöhnt man sich an das nervige Nachladen der Texturen kann der Ärger getrost heruntergeschluckt werden, denn sobald das wahre Ausmaß der Grafik auf dem Bildschirm präsentiert wird, taucht der Spieler in eine Welt, die wie ein fantasievolles und wunderschönes Märchen (dem es an Zwischensequenzen fehlt) ausschaut. In eben dieser Welt trifft man auf eine nicht enden wollende Zahl realistisch modellierter Charaktere, die unterschiedlicher nicht sein könnten: so findet man neben Mitra, welche die menschliche Rasse verkörpern, sogenannte Sovani (katzenähnliche Wesen mit vier Armen, welche stets sehr anmutig und souverän auftreten).

Sound
Die englische Sprachausgabe (deutsche Untertitel sind einblendbar) trägt einen enormen Anteil zur Atmosphäre des Spiels bei. Die seitens der Entwickler ausgewählten Synchronsprecher leben ihren Charakter. Es wirkt so, als können sie sich tatsächlich mit ihrem virtuellen Alter ego identifizieren; nicht selten erlebt man, dass gelangweilte Stimmen das Szenario verderben. Allerdings ist The Last Remnant in dieser Hinsicht auch nicht ganz frei von Fehlern. Zwar erfüllen die im Laufe der Handlung auftretenden Charaktere die eben genannten Kriterien, doch verfügen optionale Spielfiguren teilweise über eine völlig unpassende Stimme. So klingt Baulson – eine bereits kurz nach Spielbeginn verfügbare Figur – wie ein Teenager. Was so störend daran ist? Ganz einfach! Baulson gehört der Rasse der Yama an (mächtige fischähnliche Wesen, die am Spielmaßstab orientiert mindestens zwei Meter groß sein müssen). Doch dessen Stimme kommt ohnehin nur bedingt zum Einsatz, da er wie gesagt, nur ein Nebencharakter ist. Ich betone das deshalb, weil sämtliche optionale Spielziele ohne Sprachausgabe auskommen müssen. Der Spieler darf den gesprochenen Text lediglich mitlesen. Allerdings hätte man sich gewünscht, dass in diesem Bereich nicht gespart worden wäre, da die sehr abwechslungsreichen Nebenziele so noch viel interessanter ausgefallen wären.
Nicht vergessen darf man überdies die musikalische Untermalung. Diese kommt im Final Fantasy typischen Stil daher. Klangvolle, melodische Hymnen versüßen das Spielerlebnis beträchtlich und tragen einen erheblichen Anteil dazu bei, sich in das Spiel fallen lassen zu können. Doch was so gar nicht Final Fantasy typisch ist: die Bandbreite wirkt ein wenig spartanisch. Viele Melodien wiederholen sich und nach dem hundertsten Kampf möchte man dessen Eingangsmusik nicht mehr hören.

Spielmechanik
Das zentrale Element in The Last Remnant ist das Kämpfen. Aus diesem Grund bedarf es einem ausgeklügelten Kampfsystem, da die gesamte Spielzeit sonst absolut frustrierend wird und das Spiel schnell im Regal verstauben könnte. Eben dieses Kampfsystem wurde im Fall von The Last Remnant kontrovers diskutiert. Unübersichtlich, sagten die einen, innovativ die anderen. Ich reihe mich in die Schlange der Befürworter ein. Natürlich ist dem beizupflichten, dass es zu Beginn sehr schwer zu überblicken ist und zu komplex scheint. Man muss sich einfach zwei bis drei Stunden Zeit nehmen um mit dem Kampfsystem warm zu werden. Doch selbst dann begreift man es nicht vollends; über das gesamte Spiel hinweg lernt man neue Facetten kennen, welche die Komplexität neuerlich steigern. Der einzige Wermutstropfen stellt meiner Meinung nach dabei die oftmalige Willkür dar, mit der einzelne Attacken anwählbar sind. Doch eben die Vielfalt der Attacken ist es, die das Kampfsystem so gut machen.
Doch um das Kampfsystem überhaupt richtig nutzen zu können, muss man seine Verbände aufstellen. Diese können dabei bis zu fünf Mitglieder beinhalten. Im Verlaufe des Spiels erweitert sich die maximale Anzahl der Verbände auf vier. Die zentrale Rolle eines solchen Verbands ist der Gruppenführer. Dieser ist entweder ein durch die Story verfügbarer oder ein in Gilden rekrutierbarer Charakter. Er besitzt im Vergleich zum allgemeinen Fußvolk, das oft nur Verbandsfüller ist, stärkere Attribute (wie Angriff, Verteidigung, Stärke, ...) und kann vor allem besondere Fertigkeiten erlernen. So können einige Anführer die Macht der Remants (geheimnisvolle Artefakte) nutzen um spezielle Angriffe auszulösen. Doch wohl noch stärker sind erst kurz vor Ende des Spiels verfügbare Waffenkünste, die entsprechend der ausgerüsteten Waffe individuell auftreten.

Langzeitmotivation
Legt man sich The Last Remnant zu, so kann man sich getrost für Wochen vor seine Xbox 360 setzen. Die Spielzeit wird mindestens 30 Stunden umfassen; in Anbetracht der zahlreichen Nebenmissionen und Gildenaufträgen kann sie leicht die 100er-Marke durchbrechen. Doch in dieser Zeit werden definitiv Frustmomente nicht selten vorkommen! Einige Spielabschnitte sind einfach unfassbar schwer, teilweise sogar unfair. Aus diesem Grund ist The Last Remant nur alteingesessenen Spielern zu empfehlen – Einsteiger wären wohl schnell überfordert. Dieser übrigens nicht einstellbare Schwierigkeitsgrad trägt dazu bei, dass die Lust auf das Spiel bis zu Tagen vergeht. Doch umso größer ist die Freude sobald man unüberwindbar scheinende Kreaturen (zwei Worte: Der Gefallene) besiegt.

Fazit
Was kann man also von einem selbst proklamierten, Entwicklerstudio internen Final Fantasy-Konkurrenten erwarten? Eine Menge? Unfassbar viel? Haargenau! Eben das, was ein jeder von einem Square Enix-Spiel annimmt. Meiner Meinung nach schlägt The Last Remnant seinen großen Bruder nicht; dennoch steht hier ein großartiger Titel in den Verkaufsregalen. Die erstmalige Annäherung an den westlichen Rollenspielspielstil (z.B. durch Nebenziele) gelingt nicht vollkommen, doch der Schritt ist keineswegs ein falscher. Es mag sein, dass das Spiel über viele Baustellen verfügt und nicht perfekt ist, doch betrachtet man die positiven Kriterien, kann man als waschechter Gamer ohne Zweifel zugreifen; denn wer auf der Suche nach einem sehr umfangreichen und fordernden Videospiel ist, der ist bei The Last Remnant an der richtigen Adresse.


In Zahlen: 8.1/1
Grafik: Unschönes Nachladen der Texturen, ansonsten sehr ansehnlich – 7.0/10
Sound: Erstklassige Sprachausgabe, eingängige Melodien – 8.3/10
Spielmechanik: Anfänglich zähes, aber gut durchdachtes Kampfsystem – 8.1/10
Langzeitmotivation: Fesselnd, aber auch viel Frustpotenzial – 8.7/10
We are each our own devil, and we make this world our hell. – Oscar Wilde

2

Montag, 4. Mai 2009, 19:12

Sehr schönes Review, danke dafür!

Ich persönlich hab TLR neulich erst durchgespielt und kann deine Meinung in weiten Teilen so unterschreiben.

Allerdings würde ich bei der Grafik noch die (trotz Festplatten-Installation) äußerst üblen Slowdowns in Kämpfen ergänzen. Die kommen dem Spieler bei den Quick-Time-Events zwar unbeabsichtigt zu Gute, sind aber alles andere als zeitgemäß.

Auch den Frustfaktor sollte man ausdrücklich betonen: TLR ist, mit Verlaub, bockschwer. Wer nicht oft und ausdauernd levelt, hat in den späteren Kämpfen praktisch kaum eine Chance. Außerdem fand ich das Spawn-Verfahren von seltenen Gegnern extrem frustrierend. Toll, dass die Programmierer solche Mengen an seltenen Monstern eingebaut haben. Dumm, wenn ich als Spieler auch beim Hundersten Neu-Betreten einer Gegend keines davon zu Gesicht bekomme... :cursing:

Ansonsten muss ich sagen, dass mich TLR trotz der zig "Ich schmeiss den Controller an die Wand"-Momente seeeehr lange bei der Stange gehalten und unterm Strich auch gut unterhalten hat. Dennoch: Einen zweiten Durchgang werde ich mir nicht mehr antun.

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